Immer häufiger lehnen die gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherer nach einem eigentlich unverschuldeten Verkehrsunfall die Haftung dem Grunde nach ab oder bilden zu Lasten der Geschädigten eine Haftungsquote.
Dies liegt zum einen daran, dass Ihr Unfallgegner gegenüber seinem Versicherer eine Unfallschilderung zu seinen Gunsten abgibt, um eine etwaige Rückstufung in seiner Schadenfreiheitsklasse zu verhindern oder aber, der Versicherer sieht Anhaltspunkte dafür, dass Sie den Unfallhergang aus Ihrer Sicht nicht beweisen werden können.
Kfz-Haftpflichtversicherer müssen wirtschaftlich arbeiten. Laut einer Hochrechnung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stehen den Kfz-Haftpflichtversicherern z.B. für das Jahr 2023 30,2 Milliarden EUR Einnahmen Kosten in Höhe von 33,1 Milliarden EUR gegenüber. D.h. jeder eingenommene Euro verursacht 1,10 EUR an Ausgaben. Dies wirkt sich auch auf das Regulierungsverhalten aus.
Wie schützen Sie sich dagegen?
Wichtig ist, dass Sie nach dem Unfallgeschehen einen klaren Kopf behalten. Sichern Sie zunächst die Unfallstelle ab und fangen Sie dann an Beweise zu sammeln. In der Regel kommen folgende Beweismittel in Betracht:
Polizei
Ziehen Sie die Polizei hinzu und lassen Sie von dieser am Unfallort, selbst wenn der Unfallhergang unstreitig ist, den Unfall aufnehmen. Im Anschluss erhalten Sie eine Unfallmitteilung ausgehändigt, welche der Schadenmeldung beigefügt werden kann. Bei einem streitigen Verkehrsunfall kann im Anschluss seitens Ihres Anwalts die polizeiliche Ermittlungsakte angefordert werden.
Zeugen
Schauen Sie sich nach Zeugen um, welche den Unfallhergang beobachtet haben und sprechen Sie diese gezielt an. Notieren Sie deren Namen und Adressen. Häufig wird es gestattet den Personalausweis abzufotografieren. Bitte denken Sie dann auch an die Rückseite, denn dort steht die Adresse. Auch wenn Zeugen aufgrund Ihrer subjektiven Wahrnehmung als das am wenigsten geeignete Beweismittel gelten, ist es immer hilfreich sich von diesen eine Unfallschilderung nebst Skizze einzuholen. Letzteses übernimmt Ihr Anwalt.
Fotos
Fertigen Sie direkt nach dem Unfall und noch bevor die Fahrzeuge versetzt werden Lichtbilder von den beteiligten Fahrzeugen und der Unfallörtlichkeit an. Wichtig ist, dass auf den Lichtbildern der Entstand der Fahrzeuge nach der Kollision und die Fahrbahnmarkierungen zu sehen sind.
Beispiel: Ist auf dem Lichtbild erkennbar, dass das Fahrzeug des Unfallgegners nach seinem Spurwechsel noch halb auf der Fahrbahnmarkierung steht, kann hierdurch sein Fahrspurwechsel nachgewiesen werden. Ansonsten wird häufig behauptet, dass es zu der seitlichen Kollision gekommen ist, da Sie es gewesen sein sollen, der den Fahrstreifen gewechselt hat. Dann stünde Aussage gegen Aussage und es wird in der Regel lediglich mit einer Haftungsquote von 50% reguliert.
Videos
Hilfreiches Mittel zur Beweissicherung sind Videoaufzeichnungen von sogenannten Dashcams. Bitte nutzen Sie aus Datenschutzgründen nur eine Dashcam mit einer Loop-Funktion.
Auch am Unfallort selbst können sich Kameras befinden. So etwa auf Parkplätzen, in Parkhäusern, in Waschstraßen und auf Tankstellengeländen. Machen Sie die Polizei darauf aufmerksam, dass es eine Videoaufzeichnung geben könnte, damit die Aufzeichnung ggf. gesichert werden kann. Sie werden als Privatperson keine Aufzeichnung ausgehändigt bekommen. Ihr Anwalt kann jedoch die Aufzeichnung anfordern. Da hier die Gefahr besteht, dass die Auszeichnung gelöscht bzw. überspielt wird ist zeitnahes Handeln erforderlich.
Es kann auch helfen, wenn Sie – selbstverständlich nur mit dem Einverständnis Ihres Unfallgegners – ein kurzes Video aufnehmen, in welchem dieser den Unfallhergang schildert.
Dokumentation des Fahrzeugschadens
Bevor Sie Ihr Fahrzeug reparieren ist es ratsam den entstandenen Schaden dokumentieren zu lassen. Der Sachverständige Ihres Vertrauens erstellt Ihnen ein Haftpflichtgutachten. In diesen wird der Fahrzeugschaden bildlich dokumentiert und schriftlich festgehalten. Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall sind die Sachverständigenkosten seitens des gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherers zu erstatten. Alternativ können Sie auch bei Ihrer Werkstatt einen Kostenvoranschlag einholen. Bitte achten Sie in diesem Fall darauf, dass ausreichend Lichtbilder von den beschädigten Fahrzeugteilen in hoher Auflösung gefertigt werden. Nicht selten kommt es in streitigen Haftungsfragen zu einem Prozess. In diesem wird in der Regel ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten seitens des Gerichts eingeholt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kann dann anhand der dokumentierten Fahrzeugbeschädigungen ein Gutachten zum Unfallhergang erstellen, selbst wenn das Fahrzeug in der Zwischenzeit repariert wurde. Lassen Sie ohne ausreichende Dokumentation Ihr Fahrzeug reparieren vereiteln Sie sich selbst diesen Beweis. Denn es gilt immer: Der Geschädigte muss den Unfallhergang aus seiner Sicht beweisen.