Verweise eines Versicherers auf die Stundenverrechnungssätze (Löhne) einer günstigere Referenzwerkstatt sollten durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht überprüft werden. Bei einer fiktiven Abrechnung eines Unfallschadens ist es ratsam einen Fachanwalt für Verkehrsrecht mit der Schadenregulierung zu beauftragen.
Häufig möchten Geschädigte eines Verkehrsunfalles den Fahrzeugschaden fiktiv abrechnen. In einem solchen Fall werden die in dem Haftpflichtgutachten kalkulierten Nettoreparaturkosten (d.h. die Reparaturkosten ohne MwSt.) bei dem gegnerischen Versicherer geltend gemacht.
Der Sachverständige nimmt in seinem Gutachten nicht nur die für die Reparatur erforderlichen Ersatzteile sowie deren Kosten und Arbeitsschritte auf, sondern teilt auch die sogenannten Stundenverrechnungssätze (SVS) für diese Arbeitsschritte mit. Hierbei handelt es sich um die Löhne in einer Werkstatt, welche für Arbeiten im Bereich Mechanik, Elektrik, Karosserie und Lackierung anfallen.
Dabei kann der Sachverständige grundsätzlich die hohen SVS einer markengebundenen Fachwerksatt ansetzen.
Nach der geltenden Rechtsprechung darf der gegnerische Versicherer unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB den Geschädigten eines Verkehrsunfalles auf eine günstigere Referenzwerkstatt mit niedrigeren SVS verweisen.
Voraussetzung hierfür ist:
- das beschädigte Fahrzeug ist zum Unfallzeitpunkt älter als drei Jahre
- und ist nicht scheckheftgepflegt (= nicht alle Service- und Reparaturmaßnahmen fanden in einer markengebundenen Fachwerkstatt statt)
Begründung: Wenn der Geschädigte im Vorfeld des Unfalles selbst nicht bereit war die hohen Löhne einer markengebunden Fachwerkstatt zu zahlen, so muss der gegnerische Versicherer diese ebenfalls nicht übernehmen.
Der Verweis auf eine günstigere Werkstatt ist aber nur wirksam, wenn die Reparatur in der freien Werkstatt
- vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entsprich,
- ohne weiteres erreichbar und zugänglich ist (z. B. die Werkstatt in zumutbarer Entfernung liegt).
- Zudem darf die Reparatur dort nicht nur aufgrund von Sonderkonditionen für den Kfz-Haftpflichtversicherer günstiger sein, sondern die günstigen Preise müssen für jeden Kunden gelten.
Treffen alle diese Voraussetzungen zu, so ist der Verweis des Versicherers grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Ein solcher Verweis sollte jedoch nicht ohne Überprüfung der tatsächlichen SVS der angegebenen Werkstatt hingenommen werden. Häufig geben die Versicherer in ihren Prüfberichten SVS an, welche nicht zutreffen bzw. veraltet sind. Hieraus kann sich eine Differenz von mehreren hundert Euro in der Schadenabrechnung ergeben.
Es lohnt sich daher immer ein persönlicher Besuch bei der angegebenen Werkstatt.
Einer meiner aktuellen Fälle als Fachanwältin für Verkehrsrecht:
Der Sachverständige kalkulierte mit den folgenden SVS:
Der Versicherer verwies auf eine günstigere Werkstatt:
Tatsächliche Stundenverrechnungsätze der angegebenen günstigeren Werkstatt:
Zunächst erfolgte ein Telefonat bei der angegebenen Werkstatt. In diesem wurden die seitens des Versicherers angegebenen SVS bestätigt. Da ich mir nicht vorstellen konnte, dass diese günstigen Preise für jeden Kunden gelten, habe ich die Werkstatt persönlich aufgesucht und mir den Aushang mit den Stundenverrechnungssätzen zeigen lassen.
Im Ergebnis errechnete sich damit eine Differenz in Höhe von 408,51 EUR für meinen Mandanten, welche erfolgreich nachgefordert werden konnte.
Als Fachanwältin für Verkehrsrecht überprüfe ich für meine Mandanten die seitens der Versicherer angegebenen Referenzwerkstätten. Hierbei suche ich nicht nur Werkstätten in Mülheim an der Ruhr auf, sondern auch in den angrenzenden Städten wie Oberhausen und Essen.
Es handelt sich hierbei um eine vereinfachte Darstellung für einen Geschädigten eines Verkehrsunfalles und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.